29. Juli 2009 – Tag 1
Nette Leute, gutes Wetter, gutes Essen, gemütliche Wohnung. Ich schätze hier lässt es sich ein Jahr aushalten.
Der Abschied war hart, doch jetzt geht’s los. Stuttgart – Frankfurt; kein Problem. Nette Skyline. Und dann geht’s weiter mit einer 747 - Wow. Doch erst mal hieß es warten. Die Maschine war kaputt und so schnell konnte anscheinend auch keine andere aufgetrieben werden. Ganze 3 Stunden nach dem eigentlichen Termin durften wir endlich boarden (falls es das Verb gibt). Als ich meine Karte auf den Scanner legte, erschien auf der anderen Seite ein kleiner Zettel mit einem neuen Sitzplatz. Mir jetzt auch egal, Hauptsache ich krieg was zu trinken, was zu futtern und kann ein bisschen schlafen.
Doch nicht so toll, die 747. Die Kabine ist zwar 6m breit, aber trotzdem nur so geräumig wie eine Germanwings-Maschine. Nach 72m Fußmarsch (ich saß jetzt in der vorletzten Reihe) konnte ich mich endlich hinsetzen – und schlug mir mein rechtes Bein an einem undefinierbaren Kasten unter dem Sitz vor mir an (wahrscheinlich der einzige unter 524 Sitzen). Nun musste ich nicht nur meine Füße sondern auch meine Laptoptasche direkt vor mir unterbringen. Gar nicht so einfach. Dann schlug mir irgendeine zu dicke Frau ihre zu dicke Handtasche auf der Suche nach Stauraum für ihr Handgepäck ins Gesicht (das zum Teil so gestapelt werden musste, dass die Hälfte beim Öffnen rausfiel). Nicht mal Bildschirme hats hier. Nur so ein Gemeinschaftsding an der Decke, wo die meiste Zeit nur Werbung kommt. Tatsächlich kamen dann sogar zwei Filme – 17 Again und Der rosarote Panther. Juhu. Na, immerhin hats beim Einschlafen geholfen.
Doch genug gemeckert und zurück zum guten Beginn. Freundlich wurde ich am Flughafen von Pfarrer Lückertz und Martina (hilft allgemein viel in der Gemeinde, wird sich aber für einige Monate vorerst etwas zurückziehen) empfangen. Der erste Eindruck auf der 45-minütigen Fahrt ins Gemeindezentrum war ein wenig trostlos. Direkt an der Autobahn winzige Hütten und Slums, soweit das Auge reicht. Sonst vertrocknetes Gras - wohl typisch für den Winter. Auf dem Mittelstreifen liegen alle paar hundert Meter Bauarbeiter in der Sonne. So ziemlich jede Autobahn wird im Moment ausgebaut (wegen der WM natürlich, in dem Tempo dauerts aber bis 2014). Der Verkehr ist ziemlich krank (es gibt eigentlich kaum Regeln, außer links fahrn. Ansonsten gilt immer: wer zuerst kommt, fährt zuerst. Das dürfte noch lustig werden).
Im Gemeindezentrum wurde ich von zwei Petras (eine Gemeindereferentin und eine vom Finanzkommitee,) einer Ulla (so was wie ne Sekretärin) und drei schwarzen Mitarbeitern empfangen. Zwei davon sind hier Gärtner (Janice und Enock) und eine ist eine Art Haushaltshilfe (Florence), die meinte, sie würde mich mal nach Soweto mitnehmen. Von ihr gab es auch ein leckeres Mittag- bzw. Abendessen (Nudeln mit Hackfleischsauce).
Das Grundstück des Gemeindezentrums ist so etwa 3 oder 4 Fußballfelder groß. Außen rum ist es abgezäunt, raus und rein kommt man nur mit Schlüssel. In der Mitte ist ein Gerüst mit Kreuz obendrauf. Etwas weiter unten steht die Kirche, die eher wie eine Sporthalle aussieht (ohne den Altar übrigens auch von innen). Daneben stehen einstöckige kleine Flachdachhäuschen. Eines davon ist der Jugendraum, den vor allem Andreas (mein Vorgänger) gestaltet hat. In einem Anderen findet man die große Küche mit Speiseraum, WCs und so weiter. Im letzten befinden sich Büro, Aufenthaltsraum, diverse Räume, deren Funktion ich noch nicht kenne und der „Wohntrakt“. Hier wohnen Pfarrer Lückertz und ich. Folgt man dem Flur vom Büro aus kommen nach einer Linksbiegung unsere Küche und ein Esszimmer mit Fernseher und LAN-Anschluss. W-LAN gibt’s zum Glück aber auch im Zimmer, das ganz am Ende des Flures nach einer weiteren Linksbiegung neben dem des Pfarrers liegt. Es ist geschätzte 24qm (3x8m) groß (inklusive Bad) und ist eigentlich ganz in Ordnung. Der Pfarrer hat wohl ein paar Zimmer mehr. Das alles wurde mir vor allem von Aisleen, der 15-jährigen Tochter von Martina näher gebracht. Ein verrücktes nettes Mädchen, das mich mit Fragen gelöchert hat. Sie hat mir auch die Alarmanlagen gezeigt. Den Alarm hab ich natürlich gleich mal ausgelöst (die Anlage war kaputt, ich konnte nichts dafür:-), was zur Folge hatte, dass das „Piranha-Security-Team“ direkt zwei bewaffnete Einheiten vorbeischickte, die in zwei Minuten da warn. Das gleiche passiert auch, wenn man den Panic Button auf dem automatischen Türöffner drückt (das passiert vermutlich auch schnell mal aus Versehen). Im Prinzip sind die ganze Zeit von irgendwo Alarmanlagen zu hören. Wir mussten erklären dass die Anlage defekt ist und sie schickten zwei Techniker vorbei, die bemerkten, dass irgendein Teil vom Türrahmen gefallen war und es dann reparierten. Sobald der Alarm in Zukunft losgeht (und das passiert anscheinend öfters) werde ich von denen angerufen – da meine Nummer (Andreas hat mir seine SIM-Karte dagelassen) bei denen als erstes auf der Liste steht – und muss klären was los ist und ob sie jemanden vorbeischicken sollen (auch mitten in der Nacht). Im Zimmer fand ich auch einen Umschlag von Andreas mit jede Menge Zeug, das er mir hinterlässt und eine 5-seitige Erklärung, was mich hier so alles erwartet. Obwohl ich jetzt eigentlich mehr Fragen habe als vorher, aber ich lass es mal auf mich zukommen.
So. Jetzt habe ich ne ganze Menge geschrieben, hat auch ne ganze Weile gedauert. Das sollte eigentlich für ein Jahr reichen:-D. Ich werde versuchen hier möglichst oft mehr oder weniger viel reinzuschreiben. Jeder darf natürlich auch reichlich Kommentare abgeben. In Zukunft wird es wahrscheinlich dann auch einige Fotos und evtl. Videos geben.
Viele Grüße an alle (ich vermisse euch jetzt schon),
Robin